Vereinbarung zur Produktsicherung am Bau (EuGH-Urteils zur Baustoffzulassung)

Kammern und Verbände der Bauwirtschaft in Deutschland haben ein System entwickelt, mit dem Sicherheits-Anforderungen an Bauprodukte privatrechtlich vereinbart werden können.

Bundesarchitektenkammer, Bundesingenieurkammer sowie Verbände der Bausachverständigen, der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft, des Baustoffhandels und der Baustoffhersteller haben im Rahmen einer gemeinsamen Erklärung am 23. November ein System zur Ausschreibung und Bestellung von Bauprodukten vorgestellt. Mit diesem System soll sicheres Bauen in Deutschland auch weiterhin möglich sein, indem es bis zur vollständigen Harmonisierung der europäischen Normen die Einhaltung und den Nachweis bauordnungsrechtlicher Anforderungen an ein Bauwerk auf Basis privatrechtlicher Vereinbarungen erlaubt.

Denn der Nachweis zahlreicher qualitativer Anforderungen an Bauprodukte war aufgrund eines Urteils des Europäischen Gerichtshofes nicht mehr möglich. Das EuGH‐Urteil C‐100/13 zu nationalen Zusatzanforderungen an Bauprodukte mit CE‐Kennzeichnung hatte 2014 zu einem Verbot des in Deutschland gebräuchlichen „Ü-Zeichens“ für CE-gekennzeichnete Bauprodukte geführt. Im Rahmen der CE-Kennzeichnung sind aber zahlreiche sicherheitsrelevante Informationen über die Bauprodukte verloren gegangen, weil beispielsweise die Deklaration des Emissionsverhaltens und der Abgabe gesundheitsschädlicher Stoffe dort (noch) nicht geregelt ist. Die deutschen Behörden hatten darauf mit einer Änderung der Landesbauordnungen und der Veröffentlichung der neuen Musterverwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV‐TB) am 31.08.2017 reagiert. Künftig werden danach an europäisch harmonisierte Bauprodukte keine zusätzlichen bauordnungsrechtlichen Anforderungen mehr gestellt, sondern vielmehr an das Bauwerk.

Um allerdings die bauordnungsrechtlichen Anforderungen an ein Bauwerk zu gewährleisten, sind zusätzliche Informationen zu den verwendeten Bauprodukten unabdingbar. Hierfür können jetzt nach dieser neuen Verbändevereinbarung privatrechtliche Anforderungsdokumente verwendet werden. Hier werden bereits bei der Ausschreibung bzw. Beschaffung für das jeweilige Bauprodukt die entsprechenden Leistungsmerkmale sowie dessen Gütesicherung festgelegt, die zur Erfüllung der Bauwerksanforderungen in Herstellererklärungen oder Gutachten nachzuweisen sind.

Die jeweiligen Anforderungsdokumente können außerdem zur Grundlage von Verträgen und der Bestell- und Lieferunterlagen von Leistungen zur Bauausführung gemacht werden. Dadurch wird sichergestellt, dass von der Planung bis zur Ausführung alle bauaufsichtlich notwendigen Beschreibungen, Nachweise und Bestätigungen von Bauproduktherstellern und Bauunternehmen für den Bauherrn und die Baubehörde vorliegen.

Die Anforderungsdokumente werden in Fachausschüssen erarbeitet. Durch eine Beteiligung von öffentlichen und privaten Bauherren, Planern, Produktherstellern, Bauausführenden, Prüfingenieuren usw. soll sichergestellt werden, dass die zur Erfüllung von Bauwerksanforderungen erforderlichen Produktanforderungen vollständig erfasst sind. Durch eine Einspruchsphase ist die Beteiligung der Öffentlichkeit gewährleistet. Die erarbeiteten Anforderungsdokumente werden mit der Bauaufsicht der Länder abgestimmt, um ihre Anerkennung als freiwillige technische Dokumentation zu unterstützen.

Die erarbeiteten Anforderungsdokumente sollten demnächst kostenlos im Internet zur Verfügung gestellt werden. Leider gibt es in Österreich parallel dazu noch keine solche Entwicklung. Hierin unterstützen wir Sie gerne mit Rat und Tat: Kontakt

(Quelle: www.natureplus.org, NATUREPLUS Newsletter; Dez. 2017)

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